Notensalat mit Geilwurz


Lobeshymnen 2:

(DVA-Lob Fortsetzung:)

An die „Besucher der Küche“ schließen sich die „Köche“ an, gefolgt „Von Kobolden, Nervensägen und anderen Besuchern“, darunter das Endloselied Ein Hund kam in die Küche (S. 17) und die Kinderlieder vom Bucklig Männlein und dem Bi-Ba-Butzemann (S. 18). Im „Garten“-Kapitel findet sich neben den oben genannten Liebesliedern des 16. Jahrhunderts in dem Lied Sind die Mauern noch so hoch die Geschichte einer nach der Wanderschaft verloren gegangenen Jugendliebe, besungen im Bild von „Liebchens Garten“, der sich von einem bunten Blumengarten zu einem grünen Nutzgarten gewandelt hat (S. 26).

Das nachfolgende Kapitel „Kräuter und Gewürze“ wird mit dem Lied Du lehrst uns kennen die Natur aus dem Liederhort Deutscher Jungdrogisten von 1908 eingeleitet, das den Arbeitsalltag der Drogisten anschaulich macht (S. 27). Die Lieder dieses Kapitels haben „Rosmarin und Salbeiblätter“ (S. 28), „Petersill un Suppenkrut“ (ebd.), Waldbeeren und Brennnesseln zum Inhalt und zeigen ebenso wie die des vorangegangenen Kapitels die metaphorische Bedeutung von Pflanzen im Zusammenhang mit Liebe und Heirat. Ganz anders das Spaßlied Das Rizinus (Melodie: O Tannenbaum), in dessen hier gebotener Strophe die abführende Wirkung des Öles besungen wird (S. 30; eine weitere Nonsens-Strophe dieses Spaßliedes gibt Hinze im Lexikon, S. 116).

Etwas umfangreicher ist das Kapitel „Gemüse und Obst“. Hier kommt vor allem die Kartoffel zu Wort, heute ein wichtiges Nahrungsmittel der Europäer. Zunächst war die Knolle als „Teufelswurzel“ verfemt und fand erst gut 200 Jahre nach ihrer Einführung aus Südamerika größere Akzeptanz - in Preußen per „Kartoffelbefehl“, den Friedrich der Große 1757 erließ (S. 137ff.). Während Herbei, herbei zu meinem Schatz das bekannte, von dem schwäbischen Dorfschullehrer und Dichter Samuel Friedrich Sauter getextete Kartoffellied, ein Lobpreis der nahrhaften Kartoffel ist (S. 34, Melodie: Kein besser Leben ist fürwahr), spiegeln die Lieder um die „Kartoffelsupp“ die Armut der Menschen, die diese Einheitsnahrung tagtäglich zu sich nehmen mussten. Andere in diesem Kapitel besungene Gemüse sind Bohnen, Sauerkraut sowie Braun- und Blumenkohl, unter den Obstpflanzen kommen der Apfelbaum und die Brombeeren zu ihrem Recht, Letztere im bekannten Lied von der Brombeerpflückerin, wobei das Bild der gepflückten Brombeere den Verlust der Jungfräulichkeit umschreibt (S. 39).

Nachdem die Vegetarier bedient wurden, beschäftigt sich das Kapitel „Von Rind- und sonstigen Viechern“ mit den fleischlichen Küchengenüssen. In dem bereits erwähnten Lied Wenn ich des Morgens früh aufsteh erhält man Einblick in das lustige Leben des Metzgerburschen, dessen Mittagsschläfchenträume gefüllt sind „von meinem Liebchen und dabei / auch noch von der wunderschönen Schlachterei“ (S. 43), in Es waren einmal zwei Schweine leidet man mit zwei verliebten Schweinen, die das Schicksal in Gestalt des Schweinemetzgers trennt (S. 45), und man amüsiert sich beim Spottlied auf den angelnden Fritze Bollmann, den im Brandenburger Beetzsee ersoffenen Barbier, den Petrus erzürnt ob seines groben Balbierens auf der Himmelsleiter wieder auf die Erde hinuntersteigen ließ (S. 47). Weiter humorige Liedchen besingen Kaviar, Aal und Hering.

Es folge - zunächst mag man ein wenig zurückzucken - ein Kapitel über „Gift“. Mit Maria, wo bist du zur Stube gewesen (S. 51) bietet Hinze ein in Varianten in ganz Europa verbreitetes Dialoglied von der Giftmörderin, die eine vergiftete Speise vorgesetzt hat. In Goethes Dichtung Es war eine Ratt’ im Keller (Faust I; hier mit Melodie, S. 53) geht es um die Beseitigung unliebsamen Ungeziefers gefolgt von Liedern über verschiedene Gifte, z. B. Zyankali, sowie den Tabak. Hier erhellen besonders die im Lexikon ausgebreiteten kulturhistorischen Hintergründe und historischen Zitate den Wandel in der Bewertung und im Umgang mit der Pflanze und ihrer Wirkung. So wurde der Tabak nach seinem Import im 16. Jahrhundert zunächst als Mittel gegen Kopfschmerzen, Krebs und andere Leiden berühmt. In einem New Yorker Damenklub galten Raucher als begehrte Heiratsobjekte: Eine Rednerin riet ihren unverheirateten Zuhörerinnen, „im Interesse Ihres Glückes und Ihrer Zukunft jeden Heiratsantrag eines Nichtrauchers auszuschlagen“, weil Nichtraucher „ungeduldig und streitsüchtig“ sowie humorlos seien und der Bestimmung der „Vorsehung“ zum Rauchen nicht „gehorchten“ (S. 159; leider undatiert). Das Kapitel über das „Gift“ wird beschlossen von der politischen Parodie Bei einer Pfeif’ Tabak aus der Feder Heinrich Hoffmanns von Fallersleben, der seinen kritischen Text 1844 zur Melodie des seinerzeit populären Ein Jäger aus Kurpfalz schrieb. In der Bewegung des deutschen Folkrevivals bekam das Lied den Titel Das erwachte Bewusstsein und erlangte, nachdem es bereits in sozialdemokratischen Liederbüchern des 19. und 20. Jahrhundert oft abgedruckt worden war, neue Bedeutung (S. 110). Über weitere Gifte und deren Verwendung informiert das Lexikon (S. 128f.). Hier erfahren wir auch, dass Beethoven an einer chronischen Bleivergiftung gestorben ist, die vermutlich auf die Einnahme mit Bleizucker verpanschten Weines zurückzuführen ist. Bleizucker wurde bis ins 19. Jahrhundert als Zuckerersatz verwendet.

Das Kapitel „Brot und Hunger“ handelt zunächst von der Not der Armut, anschaulich gemacht in der Ballade vom steinernen Brot: Es war ein’ arme Mutter (S. 61, nach einer westfälischen Melodie bearbeitet von Hinze; auch als Die unbarmherzige Schwester bekannt), und in der ebenso weit verbreiteten Ballade vom hungernden Kind: Ach Mutter, ach Mutter! Es hungert mich (S. 62). Aber auch das Humorvoll gesungene Wir haben Hunger, Hunger, Hunger, das auch heute auf vielen Kinder- und Jugendfreizeiten und in Jugendherbergen in kreativen Varianten so lange lautstark gesungen wird, bis die Mahlzeit aufgetischt ist, hat Hinze aufgenommen (S. 63). Ebenfalls in diesem Kapitel behandelt werden Salz und Zucker.

Unter der Überschrift „Das Wasser in seiner vielfältigen Form“ schließt sich ein Kapitel über verschieden Getränke an: Wasser, Wein, Bier, Punsch etc. Hier wurden nicht nur Gesellschafts-, Zech- und Liebeslieder aufgenommen, sondern ebenso das schwankhafte Endloslied der beiden tollpatschig Unbeholfenen: Ein Loch ist im Eimer (S. 70). Vor allem die Lieder rund um den Kaffee - natürlich darf hier Bachs Kaffeekantate nicht fehlen (S. 83) - werden durch verschiedene Illustrationen - vom Altonaer Kaffeeschmuggel über Fotografien eines privaten Kaffeerösters bis hin zur türkischen Kaffeemühle - sowie durch vielfältige Hintergrundinformationen im Lexikon anschaulich ergänzt (besonders S. 135ff.). Auch der aus Getreide und Zichorien hergestellte Muckefuck und die Geschichte um das spezielle DDR-Kaffeesurrogat „Erichs Krönung“ werden erklärt.





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