„Lobhudeleien“ oder „zur Sau gemacht“


Werner Hinze, Lili Marleen. Ein Lied zwischen Soldatenromantik und Propaganda,
Liedbiographien Bd. 1


Jahrbuch des Deutschen Volksliedarchivs, Band 49/2004
Münster/New York/München/ Berlin 2005

Der Aufsatz, der dieser »Liedbiographie« zu Grunde liegt, stammt aus der Festschrift für Gabriele Montaldi aus dem Jahr 1988 und wurde bereits 1996/97 in seiner jetzigen »erweiterten und ergänzten« Form veröffentlicht {Musik von unten. Informationsblatt 20 [1996], S. 23-37; und 21 [1997], S. 3—13). Die Bibliografie ist daher nicht auf dem neuesten Stand: Es fehlt z.B. der 2001 von Christian Peters herausgegebene Katalog zur Ausstellung über Lili Marken {Lili Marken. Ein Schlager macht Geschichte. Bonn 2001). Dieser Katalog wiederum nimmt Hinzes Aufsatz in seine »ausgewählte Literatur« nicht auf. Zu Unrecht!

Hinze berichtet über die Entstehung des Liedes bis zur Plattenaufnahme von 1939, wo die Sängerin Laie Andersen Norbert Schultzes Vertonung (B-Seite) singt. Im Folgenden konzentriert sich Werner Hinze auf Laie Andersens Geschicke im Krieg. Die letzten Seiten beschreiben die Wirkung des Liedes, die »Lili-Marken-Hysterie«, aber auch zum Teil kritisch gemeinte Parodien und die Aufnahme im Ausland, in den Kreisen des Exils, in Großbritannien und anderen Ländern. In einer »Ergänzung« erinnert der Autor daran, dass Lili Marken, im Grund eine »Erfindung« des Wehrmachtssenders Radio Belgrad, in Jugoslawien lange Zeit als Nazilied galt. Noch 1978 wurden Touristen aus diesem Land ausgewiesen, weil sie »durch das Singen des nazistischen Liedes« die »patriotischen Gefühle« des jugoslawischen Volkes verletzt hatten. Ein Jahr später sang Milva dieses nun auch von der kommunistischen Parteizeitung Delo als »Anti-Kriegs-Song« bezeichnete Lied im slowenischen Fernsehen. Oppositionelle Gruppen nahmen es in ihr Repertoire auf. Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens (und des kommunistischen Systems) verlor Lili Marken diesen aktuellen Bezug und wurde von rechten Gruppen in Jugoslawien in deren Sinn missbraucht. Im oben erwähnten Katalog aus dem Haus der deutschen Geschichte erfährt der Leser, dass die Bundeswehreinheiten im SFOR- oder KFOR-Einsatz die alte Erkennungsmelodie von Radio Belgrad übernommen haben: eine »problematische Reminiszenz« (S. 52). Werner Hinzes Dokumentation konnte unveröffentlichten Briefen Laie Andersens und Karl-Heinz Reintgens, des Direktors von Radio Belgrad, wichtige Auskünfte entnehmen und enthält viele interessante Details, z.B. die erste Melodie, die dem Text von Hans Leip persönlich unterlegt wurde, zahlreiche Parodien aus Deutschland und aus dem Ausland sowie drei Postkarten mit Lili-Marken-Motiv, mit Wachposten, aber ohne Mädchen.

Francois Genton, Grenoble (Frankreich)



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