„Lobhudeleien“
oder
„zur Sau gemacht“

Es schrieb zu: Werner Hinze, „Hier hat man täglich seine Noth“ - Auswandererlieder

Folker 03.10 (Mai-Juni 2010)

Dieser Band ist Band vier einer Liederbuchreihe, die der Hamburger Liedforscher, Musikant und Verleger Werner Hinze herausgibt. Dabei ist Hinze seinem Prinzip treu geblieben, einer Liedersammlung zu einer bestimmten Thematik jeweils nicht nur historische Hintergrundmaterialien, sondern auch einen Lexikonteil hinzuzufügen. Hauptsächlich geht es um deutsche Auswanderer, die es nach Nordamerika zog. Daneben werden Wanderbewegungen beispielsweise von Deutschland nach Brasilien oder auch nach Polen, Ungarn, Rumänien und Russland berücksichtigt.

Gründe für Auswanderungen waren häufig Glaubenskonflikte oder wirtschaftliche Not. Nicht immer erfüllten sich die Träume der Auswanderer, sodass es auch Rückkehrer gab. Zu den enttäuschten Rückwanderern gehörte auch ein gewisser Dr. Franz Joseph Ennemoser, der den USA resigniert den Rücken kehrte, um sich wieder in Deutschland anzusiedeln. Seine aufschlussreichen, oft warnenden Erfahrungsberichte ziehen sich in Abschnitten durch das gesamt Buch. Weshalb diese Ausführungen nicht als eigenständiges Kapitel, sondern quase als optisches Gestaltungsmerkmal, noch dazu grau unterlegt, auseinandergerissen wurden, ist nicht direkt nachvollziehbar. Die zahlreichen zeitgenössischen Illustrationen erscheinen flau und kontrastarm im Druck, doch ergänzen sie insgesamt die Thematik auf sinnvolle Weise. Die Lieder selbst – Noten, Texte und oft auch Gitarrenakkorde – sind übersichtlich und sauber gedruckt, manche der insgesamt 48 Lieder laden zum Nachsingen ein.

Dass für die Urheberschaft mehrerer Auswandererlieder aus dem 19. Jahrhundert der Herausgeber Hinze selbst beziehungsweise Hanne Balzer (Liederjan) verantwortlich zeichnen, erscheint etwas merkwürdig, Ergänzend zu seinem Liederbuch plant Werner Hinze, eine Audio-CD mit Auswandererliedern.

Leider hat der Herausgeber die Chance vertan, ein auch ästhetisch
Eigentlich haben wir ja vorgesehen, keine Kommentare zu den Rezensionen abzugeben, doch die Qualität so mancher Rezensenten scheint es nötig zu machen.

1.
Im Liederbuch befinden sich 68 Lieder (ohne Varianten). Im Liederbuchteil sind es 52 Lieder, davon 49 mit groß gesetzten Noten, eines mit Melodienangabe und zwei ohne Melodien. Im Lexikonteil befinden sich darüber hinaus zusätzlich (außer im Text der Liedbiographien erwähnten Varianten) 16 Lieder, von denen vier eine Melodienangabe und fünf mit Noten versehen sind. Sechs der Lieder sind aus Ermangelung einer Melodie nur mit Text dokumentiert.

2. Wie in Liederbücher üblich sind die Noten rechts oben mit Informationen über die Melodien versehen (z. B. Herkunft, Region, Zeit oder Komponisten) - Genaueres ist den jeweiligen Liedbiographien zu entnehmen (die muss man natürlich auch lesen). Ein Text stammt also weder von W. Hinze noch von H. Balzer (das ist eigentlich nicht zu kompliziert).

3. Unsere Liederbücher sind in erster Linie für den praktischen Gebrauch des Singens konzipiert, d. h. sie beinhalten ein gut lesbares Notenbild und ebensolche Texte. Darüber hinaus gibt es den Lexikonteil mit Informationen zu den Liedern und dem Umfeld ihrer Entstehung bzw. Nutzung oder den Komponisten und Textern soweit diese bekant sind. Weitere Informationen zum Thema sind die Abbildungen, besondere Materialien, wie eine Person, die die einzelnen Kapitel thematisch begleitet oder historische Darstellungen. Sie bilden unterschiedliche Ebenen, die einer besonderen Zuordnung bedürfen um erkennbar zu sein. Das scheint für einige (offensichtlich allerdings nur für Rezensenten) zu viel Hirnschmalz gefordert zu haben - die Redaktion entschuldigt sich für diese enorme Belastung.

4. Einige der original Abbildungen, die sich im Archiv von Tonsplitter befinden sind leider der Zeit entsprechend kontrastarm, doch wir fanden ihre Aussagekraft so bedeutend, dass wir sie mit aufgenommen haben. Dass man sich allerdings ungefähr die Hälfte einer Rezension mit der Form anstatt mit dem Inhalt beschäftigt erscheint uns zumindest sonderbar.
ansprechendes Liederbuch vorzulegen. Der Band kommt rein äußerlich mit dem Charme eines Readers aus dem Musikseminar daher. Dennoch: Wer sich mit Liedern von Auswanderern beschäftigen möchte, findet in Werner Hinzes neuem Werk einen umfang- und kenntnisreichen Fundus zum Thema.

Kai Engelke






Köpfchen 1/10, S. 20:
Werner Hinze ist auf der Waldeck kein Unbekannter. Er hat bei uns im Juni 2007 einen hörenswerten Vortrag über die "Lieder der Straße" gehalten und auch einige von ihnen zu Gehör gebracht. In der von ihm herausgegebenen Reihe von Liederbüchern erscheint jetzt als Band 4 das oben genannte Buch. Es enthält mehr als fünfzig Lieder, die meisten mit Noten und einfachen Gitarrengriffen. Sie sind weitgehend unbekannt, nur wenige finden sich auch auf der Grenzgänger-CD "Die Schiffe nach Amerika". Naturgemäß ist bei den meisten "trad." oder eine bestimmte deutsche Landschaft als Herkunftsbezeichnung angegeben, aber einige Texte stammen auch von Hoffmann von Fallersleben, dem Dichter unserer Nationalhymne.

Außerdem enthält es eine Reihe zeitgenössischer Texte, wie z.B. Ratschläge für Auswanderer, den instruktiven Bericht eines Arztes Dr. Franz Joseph Ennemoser über seine Erlebnisse als Auswanderer, Bilder und ein "Lexikon-Lesebuch", in dem viele Einzelheiten zu den Liedern, den Verfassern und zu den Themen Auswanderung und Kolonialismus vermittelt werden.

Ein begrüßenswertes Buch also, zu einem Thema, das es wert ist, umfassend und interessant ausgebreitet zu werden. Das ist Werner Hinze im Wesentlichen gelungen.

Was ihm leider nicht gelungen ist, ist eine ansprechende Gestaltung des Buches. Seine vorherrschende Gestaltungsmethode sind die "Kästen". Darunter verstehe ich das Einschieben von Texten oder Bildern in einen laufenden Text, von diesem durch eine andere Hintergrundfärbung abgesetzt. Darin tut Hinze des Guten entschieden zu viel oder an der falschen Stelle. Der aufschlussreiche Ennemoser-Bericht z. B. ist nicht im Zusammenhang wiedergegeben, sondern erscheint in kurzen Auszügen in den verschiedenen Kapiteln, unabhängig davon, ob er zum jeweiligen Thema passt. Nicht genug damit: auch dieser Bericht ist wieder durch Kästen unterbrochen (siehe Seite 66), die mit dem Bericht wenig zu tun haben. Ich erspare mir und dem Leser weitere Beispiele, es wären dutzende zu nennen.

Wahrscheinlich sollten die Kästen der Auflockerung und dem Vermeiden einer Bleiwüste dienen, hier haben sie aber nur zur Desorientierung beigetragen. Schade um das an sich verdienstvolle Buch.
ali


Gerd Steinbrinker, Hamburg 22.12.09
Zu Ihrem Buch also meine größten Komplimente!
In der „Jungenschaft" sangen wir gern ein ungarisches Auswandererlied: elmendt a vózsám Und auf einer Italienfahrt lernten wir das Lied „osteria della Rosa bianca", in dem ein Mädchen unbedingt nach Amerika auswandern will, aber unterwegs mit dem Schiff untergeht. Und in meinem „deutsch-russischen Musikkreis" sang eine Polin das sehr sentimentale „Guralu", das jeder Pole kennt.

Zu zwei Liedern Ihrer Sammlung habe ich eine Frage nach der Herkunft der Melodien.

S. 63 „Es erschallt die Trauerstunde": die Melodie ist in Deutschland auch mit anderen Texten bekannt: „Wer das Lieben hat erfunden, hat das Leiden nicht erdacht" oder: „Unrasiert und fern der Heimat" Oder: „Eduard und Kunigunde". Ich vermute, dass wie so manches Küchenlied seinen Weg zu den Donauschwaben von Deutschland aus gefunden und dort überlebt hat, diese Melodie auch über Deutschland nach Ungarn gekommen ist und dort für „deutsch" gehalten wurde. Vermutlich erheblich älter ist ihre Verwendung in Russland als das Heldenlied von Stenka Rasin.

S. 137 Die Melodie soll aus der Dobrudscha stammen? Die ersten Wandervögel sangen sie als altes deutsches Studentenlied und pfiffen sie als Erkennungszeichen, sogar die Wandervögel nach dem 2. Weltkrieg taten das noch: „Nach Süden nun sich lenken die Vöglein allzumal." Eichendorff benutzte das Lied in seinem „Taugenichts" als Wanderlied der Prager Studenten. (Quelle: Hoffmann von Fallersleben: Unsere volkstümlichen Lieder (1225).

So weit mein Gruß an Sie, Ihr Gerd Steinbrinker


Hedo Holland im Folkmagazin (FM 286 Heft 6/2009, S. 11)
Dieses neue Buch liegt mir besonders am Herzen. Es sind großartige Lieder von Ausreisen nach Nord- und Südamerika, nach Russland, Polen und nach Afrika… Mehrere der Lieder sind bis heute brisant und viele gut singbar.


Tom Daun am 25.09.2009
habe vorgestern Ihr Buch mit Auswanderer-Liedern bekommen - und bin begeistert!
Inhalt, Gestaltung, Bilder usw. - alles ganz toll gemacht. Da spürt man Fleiß, Liebe zum Thema und eine beeindruckende Sachkenntnis...
Bin gespannt auf Ihre weiteren Publikationen...



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